Gerade mit den aktuellen Einschränkungen durch Corona gewinnt das Format „Walk & Talk“ noch einmal zusätzliche Attraktivität. Aber: Wo kann ich Walk & Talk im Business überhaupt einsetzen? In viel mehr Situationen, als man glaubt!
Als Führungskraft habe ich vor 10 Jahren damit begonnen, erste Mitarbeitergespräche nicht mehr in einem Besprechungsraum zu führen, sondern diese im Spaziergang (Walk & Talk) zu erledigen. Es war am Anfang sicherlich noch ungewohnt so mitten am Tag aus dem Büro zu gehen. Desto besser das Wetter, desto neidvoller waren die Blicke der Kollegen :-) Aber inzwischen ist es für mich normal, entweder bei Einzel-Coachings oder auch bei Gruppen-Workshops auf diese Weise zu arbeiten.
Themen & Situationen, die sich für Walk & Talk anbieten:
- Vorstellungsgespräche
- Mitarbeitergespräche / Entwicklungsgespräche
- Team-Meetings (On-Boarding von neuen Kollegen,…)
- Workshops (Gruppenarbeit)
- Aussprachen zu zweit oder in kleinen Teams
- Brainstormings
- Auf was sollte ich achten?
- So kann man starten!
#1 Vorstellungsgespräche mit Walk & Talk
Im Recruiting haben Video-Calls schon vor Corona einen festen Platz im Repertoire bekommen. Insbesondere zum ersten Sondieren, hat es sich bewährt, so mit einem potenziellen Bewerber in einen ersten Kontakt zu kommen. Klar ist, man bekommt so schon persönlichere Messpunkte wie aus der reinen Schriftform oder auch aus einem Telefonat. Auf der anderen Seite fehlt aber auch immer noch etwas im Unterschied zu einem Präsenztermin. Und warum nicht in Form eines Walk & Talks?
Walk & Talk bei Vorstellungsgesprächen ist insbesondere dann gut geeignet, wenn es darum geht, mit dem Gegenüber ins Gespräch – meint in den Kontakt – zu kommen. Wer bisher sein Gespräche so aufgebaut hat, dass er sich an den Stationen eines Lebenslauf entlanghangelt, ist das Format dann weniger gut geeignet. These: Nach 1 Stunde Walk & Talk haben Sie ein viel klareres Bild von ihrem zukünftigen Kollegen als nach den üblichen Frage & Antwort-Spielchen.
#2 Mitarbeitergespräche „light“ bei Walk & Talk
Die Spanne im Umgang mit Mitarbeitergesprächen ist in Unternehmen riesengroß. Das geht von, kann ich wann und wie machen wie ich möchte bis hin zu einem stark vorgegebenen Vorgehen. In kleineren Betrieben ist es gängige Praxis, dass es erst zu den Gesprächen kommt, wenn eine der beiden Seiten Bedarf hat. Es hat sicherlich alles seine Berechtigung und seine Vor- und Nachteile.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich nur sagen, dass z.B. eine Taktung wie 1mal im Jahr nicht mehr ausreichend ist. Gerade bei den jüngeren Kollegen fühlt sich das unendlich lange an („dazwischen passiert dann ja nichts“). Und zudem staut sich dann zuvieles an bzw. fällt auch wieder runter, wenn man das bündelt. Vielleicht ist gerade Walk & Talk da eine „Light“-Alternative, einen persönlichen Austausch zu ermöglichen, ohne einen grossen Bahnhof zu machen.
Da benötigt es auch nicht viel Regelwerk, sondern mit ein paar guten Fragen ist man schon entsprechend gut vorbereitet: Wie geht es Dir gerade? Was macht Dir gerade Spaß? Was ist gerade anstrengend? Wie geht es Dir mit mir? Wie geht es mir mit Dir? Wenn man dann darauf achtet, dass man gut zuhört und nicht beim ersten Punkt dagegen argumentiert und sich rechtfertigt, dann kann man in einem 60-90minütigen Walk & Talk sehr gut miteinander in Kontakt kommen und herausfinden, wo das Gegenüber steht. Das gilt für beide!
#3 Team-Meetings z.B. On-Boarding mit Walk & Talk
Aus gesundheitlicher Sicht noch unbedenklicher als im Büro ist sicherlich, wenn man sich unter freiem Himmel trifft. Erfahrungsgemäß kann man beim Spazieren mit bis zu 4-5 Leuten auch noch gut miteinander sprechen und arbeiten. Damit das nicht zu sehr kreuz und quer geht, hilft es ebenfalls, das Gespräch etwas zu strukturieren, so wie es oben beschrieben wurde.
Achten Sie darauf, dass nicht zuerst der neue Kollege in das unbekannte Forum stolpern muss. Es ist fair und macht es leicht, wenn der Vorgesetzte oder erfahrener Kollege den Anfang macht. So hat man auch die Möglichkeit, die Vorstellungsrunde in Breite und Tiefe zu prägen. Beispiel: Wenn Sie dann über Familie und was Sie sonst noch in Ihrer Freizeit machen sprechen, dann setzen sie den Standard für die Nachfolgenden.
Sie werden schnell merken, dass bei den On-Boarding von neuen Kollegen eine Vorstellungsrunde besonders leicht in Fluss kommt. Derjenige, der das Wort hat, wird sich nicht so sehr unter Stress fühlen, als das zum Beispiel in einem Besprechunsraum ist. Das liegt daran, dass man sich nicht gegenüber steht und immer beobachtet fühlt, sondern Blicke mal abschweifen können und es eine Gedankenpause geben darf, ohne dass diese sofort beklemmend wirkt. Durch das Gehen sind ja eh schon alle beschäftigt.
#4 Gruppenarbeit bei Workshops mit Walk & Talk
Es ist wohl in erster Linie die Macht der Gewohnheit, dass man offensichtlich auch bei einem Workshop dann im Workshop-Raum bleibt. Zumindest kann ich bei unserem Seminarhaus im Schwarzwald beobachten, dass 95% der Gruppen auch bei schönstem Wetter im Haus bleiben. Ich selbst habe als Moderator sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Teile eines Workshops nach aussen zu verlagern. Ideal ist z.B. wenn es darum geht in Kleingruppen Ergebnisse zu erarbeiten, die dann hinterher wieder in der Gesamtgruppe vorgestellt werden. Das gilt auch für Analyse-Formate („Was lief im letzten Jahr gut und was weniger gut“), kreativen Ansätzen nach neuen Ideen und Impulsen oder auch für persönliche Themen. Je nach Inhalt ist dann empfehlenswert auch noch etwas Zeit einzuplanen, um die Ergebnisse auf eine Flipchart zu übertragen. Wer es kreativer mag, kann auch auf Symbole von dem Spaziergang setzen und diese mitbringen, z.B. einen besonders beschaffenen Stein, Tannenzapfen, einen Ast etc. Sie werden merken, dass das sehr belebend sein kann.
#5 Aussprachen bei Walk & Talk
Unter Aussprache verstehe ich ein Gespräch, bei dem man ein „heikles“ Thema ansprechen möchte. Klassischerweise bezieht sich das auf eine vorgefallene Situation, die einen vielleicht auch emotional beschäftigt. Man ist hier oftmals hin- und hergerissen, zwischen: Soll ich es überhaupt ansprechen und der Sorge, welche Reaktion ich damit bei dem Gegenüber auslöse. Auch für solche Gespräche kann es helfen, sich nicht frontal gegenüber zu sitzen und das Gegenüber gefühlt anzugreifen und in der Folge zur Verteidigung aufzurufen, sondern nebeneinander herzulaufen. Das geht zu zweit aber auch noch in einer Gruppe bis 4-5 Personen. Buchstäblich Schritt für Schritt kann man sich dann an den Punkt annähern, den man ansprechen möchte. Intuitiv spürt man dann auch, wie direkt oder indirekt man seine Punkte formulieren kann. Und man muß nicht die Sorge haben, daß das Gesagte im Raum stehen bleibt, sonder man bewegt sich in der Zeit weiter. Man kann auch mal eine Pause aushalten, ohne dass man gleich reagieren muß. Und kann in den Pausen noch einen Nachsatz nachschieben.
#6 Brainstormings mit Walk & Talk
Jetzt sitzen wir zum 2. Mal schon zu dem Thema zusammen, was wir in Zukunft anders machen wollen und kommen nicht vom Fleck? Gerade wenn man inhaltlich sprichwörtlich auf der Stelle steht, kann es sehr wirkungsvoll sein, das Gespräch in einem Spaziergang fortzusetzen. Bevor es losgeht, das Thema noch einmal klären, Spielregeln absprechen (z.B. einer spricht, wir bewerten nicht, etc.), sich gegenseitig gut zuhören und ausreden lassen, seinen Gedanken vortragen. Und wenn man dabei vielleicht auf das gerade Gesagte aufbauen kann, dann kommen die Gedanken und auch die Ideen in Fluss.
Auf was bei Walk & Talk generell achten?
Am Anfang ist es vielleicht noch eine Umstellung, aus dem gewohnten Umfeld und den üblichen Abläufen, abzuweichen. Dazu habe ich eine Liste mit den „10 Stolpersteinen zu Walk & Talk“ erstellt.
Ein weiterer Punkt ist noch, dass Sie vorab intern klären sollten, wie die Umsetzung zu aktuell geltenden Corona-Richtlinien in Ihrem Unternehmen passt und ob Sie noch etwas klären müssen, damit Sie ausserhalb arbeiten dürfen. Schliesslich verlässt man den Betriebsort. Je nach Größe des Unternehmens umfasst das dann auch Themen wie Erfassung als Arbeitszeit und versicherungsrechtlicher Schutz. Daher ist die Empfehlung das im Vorhinein kurz zu klären.
Mein Angebot für Interessierte: 1 Stunde Walk & Talk!
Wenn Sie Geschäftsführer oder Führungskraft sind und ernsthaftes Interesse an der Umsetzung von Walk & Talk haben, dann beantworte ich gerne ihre Fragen und teile meine Erfahrungen mit Ihnen. Vielleicht Sie in der Region Schwarzwald / Freiburg ansässig? Dann können wir uns auch gerne zu einem Walk & Talk bei Ihnen oder mir treffen :-) Alternativ dann auch per Telefon/Video-Call. Diese erste Coaching-Stunde ist zum Kennenlernen kostenlos & unverbindlich! Ich freue mich über Ihr Interesse!